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Es ist kein
unbedeutendes Thema, dieses Gericht. Wir können aus der Bibel schon jetzt
vieles darüber erfahren. Wie wird es durchgeführt? Wer nimmt daran teil?
Was sagen die Gesetzbücher? Wer ist unser Richter - wer
Verteidiger?
„Solches sah ich,“ schrieb der Prophet Daniel, „bis daß Stühle gesetzt wurden; und der Alte setzte sich. Des Kleid war schneeweiß und das Haar auf seinem Haupt wie reine Wolle, und sein Stuhl war eitel Feuerflammen, und dessen Räder brannten mit Feuer. Und von ihm ging aus ein langer feuriger Strahl. Tausendmal tausend dienten ihm, und zehntausendmal zehntausend standen vor ihm. Das Gericht ward gehalten, und die Bücher wurden aufgetan.“ (Dan. 7, 9. 10.)
Also wurde dem Propheten im Gesicht der große und feierliche Tag vorgeführt,
wenn der Charakter und das Leben eines jeden Menschen vor dem großen Richter
der ganzen Welt vorüberziehen wird.
Der Alte ist Gott der Vater. Der Psalmist sagt: „Ehe denn die Berge wurden und
die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu
Ewigkeit.“ (Ps. 90, 2.) Er, der Ursprung alles Daseins und die Quelle aller
Gesetze, wird den Vorsitz im Gericht führen. Und als Diener und Zeugen werden
heilige Engel an Zahl „tausendmal tausend und zehntausendmal zehntausend,“
diesem großen Gericht beiwohnen.
„Und
siehe, es kam einer in des Himmels Wolken wie eines Menschen Sohn bis zu dem
Alten und ward vor ihn gebracht. Der gab ihm Gewalt, Ehre und Reich, daß ihm
alle Völker, Leute und Zungen dienen sollten. Seine Gewalt ist ewig, die nicht
vergeht, und sein Königreich hat kein Ende.“ (Dan. 7, 13. 14.) Das
hier beschriebene Kommen Christi ist nicht seine Wiederkunft zur Erde. Er kommt
vor den „Alten“ im Himmel, um Gewalt, Ehre und ein Reich zu empfangen, die
ihm am Schluß seines Werkes als Vermittler gegeben werden. Von diesem Kommen,
und nicht von seiner zweiten Ankunft zur Erde wird in der Weissagung bezeugt, daß
es am Schluß der 2300 Tage, im Jahre 1844, stattfinden werde. In Begleitung
himmlischer Engel betritt unser großer Hoherpriester das Allerheiligste und
erscheint dort vor Gott, um die letzten Handlungen seines Dienstes für die
Menschen zu verrichten, um das Werk des Untersuchungsgerichtes auszuführen und
eine Versöhnung zu bewerkstelligen für alle, die sich zu ihren Wohltaten
berechtigt erweisen.
In
dem vorbildlichen Dienst hatten nur die, welche mit Bekenntnis und Reue zu Gott
kamen, deren Sünden durch das Blut des Sündopfers auf das Heiligtum übertragen
worden waren, einen Anteil an dem Dienst des Versöhnungstages.
So werden auch an dem großen Tage der schließlichen Versöhnung und des
Untersuchungsgerichts nur die Fälle des bekenntlichen Volkes Gottes in Betracht
gezogen. Das Gericht über die Gottlosen ist ein besonderes, von diesem
getrenntes Werk, welches später stattfinden wird. „Denn es ist Zeit, daß
anfange das Gericht an dem Hause Gottes. So aber zuerst an uns, was will’s für
ein Ende werden mit denen, die dem Evangelium Gottes nicht glauben?“ (l. Petr.
4, 17)
Die Bücher des Himmels, in welchen die Namen und Taten der Menschen
verzeichnet stehen, werden die Entscheidungen des Gerichtes bestimmen. Der
Prophet Daniel sagt: „Das Gericht ward gehalten, und die Bücher wurden
aufgetan.“ Der
Schreiber der Offenbarung fügt bei der Schilderung desselben Vorgangs hinzu:
„Ein anderes Buch ward aufgetan, welches ist das Buch des Lebens. Und die
Toten wurden gerichtet nach der Schrift in den Büchern, nach ihren Werken.“
(Offb. 20, 12.)
Das Buch des Lebens
enthält die Namen aller, die jemals in den Dienst Gottes getreten sind. Jesus
sagte zu seinen Jüngern: „Freuet euch aber, daß eure Namen im Himmel
geschrieben sind.“ (Luk. 10, 20.) Paulus spricht von seinen getreuen
Mitarbeitern, deren „Namen sind in dem Buch des Lebens.“ (Phil. 4, 3.)
Hinblickend auf „eine solche trübselige Zeit,“ „wie sie nicht gewesen
ist,“ erklärt Daniel, daß Gottes Volk errettet werden soll, „alle, die im
Buch geschrieben stehen.“ (Dan. 12, 1.) Und in der Offenbarung heißt es, daß
nur solche die Stadt Gottes betreten dürfen, deren Namen „geschrieben sind in
dem Lebensbuch des Lammes.“ (Offb. 21,27.)
„Ein Gedächtnisbuch“
[Grundtext] ist vor dem Herrn geschrieben worden, worin die guten Taten aller
verzeichnet stehen, die „den Herrn fürchten und an seinen Namen gedenken.“
(Mal. 3, 16.) Ihre Worte des Glaubens, ihre Werke der Liebe stehen im Himmel
verzeichnet. Nehemia nimmt Bezug hierauf, wenn er sagt: „Gedenke, mein Gott,
mir daran, und tilge nicht aus meine Barmherzigkeit, die ich an meines Gottes
Hause und an seinem Dienst getan habe.“ (Neh. 13, 14.) In dem Gedächtnisbuch
Gottes wird eine jegliche gerechte Tat verewigt. Dort findet sich eine jede
widerstandene Versuchung, jegliches überwundene Übel, jedes ausgesprochene
Wort zärtlichen Mitleids getreu berichtet; jegliches aufopfernde Werk, jeder um
Christi willen ausgestandene Schmerz oder Kummer sind dort eingetragen. Der
Psalmist sagt: „Zähle die Wege meiner Flucht; fasse meine Tränen in deinen
Krug. Ohne Zweifel, du zählest sie. („Stehen sie nicht in deinem Buche?“,
Grundtext). (Ps. 56, 9.)
Es
wird dort auch ein Bericht über die Sünden der Menschen geführt. „Denn Gott
wird alle Werke vor Gericht bringen, alles, was verborgen ist, es sei gut oder böse.“
(Pred. 12, 14.) Der Heiland sagte: „Die Menschen müssen Rechenschaft geben am
Jüngsten Gericht von einem jeglichen unnützen Wort, das sie geredet haben. Aus
deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du
verdammt werden.“ (Matth. 12, 36. 37.) Die geheimen Absichten und Beweggründe
erscheinen in jenem unfehlbaren Verzeichnis, denn Gott „wird ans Licht
bringen, was im Finstern verborgen ist, und den Rat der Herzen offenbaren.“
(l. Kor. 4, 5.) „Siehe, es steht vor mir geschrieben, ... beide, ihre
Missetaten und ihrer Väter Missetaten miteinander, spricht der Herr.“ (Jes.
65, 6. 7.)
Eines jeglichen Werk wird einer Untersuchung vor Gott unterworfen und als Treue oder Untreue eingetragen. In den himmlischen Büchern wird gegenüber dem Namen eines jeden mit peinlichster Genauigkeit jedes schlechte Wort, jede selbstsüchtige Handlung, jede unerfüllte Pflicht, jegliche verborgene Sünde nebst jeder erkünstelten Verstellung eingeschrieben. Vom Himmel gesandte, vernachlässigte Warnungen oder Rügen, verschwendete Augenblicke, unbenutzte Gelegenheiten, der zum Guten oder Bösen ausgeübte Einfluß mit seinen weitreichenden Folgen, alle werden von dem berichtführenden Engel niedergeschrieben.
Das Gesetz Gottes ist das Richtmaß, nach dem das Leben und der Charakter
der Menschen im Gericht gemessen werden. Der weise Mann sagt:
„Fürchte Gott und halte seine Gebote; denn das gehört allen Menschen zu.
Denn Gott wird alle Werke vor Gericht bringen, alles, was verborgen ist, es sei
gut oder böse.“ (Pred. 12, 13. 14.) Der Apostel Jakobus ermahnt seine Brüder:
„Also redet und also tut, als die da sollen durchs Gesetz der Freiheit
gerichtet werden.“ (Jak. 2, 12.)
Wer
im Gericht würdig erfunden wird, soll teilnehmen an der Auferstehung der
Gerechten. Jesus sagte: „Welche aber würdig sein werden, jene Welt zu
erlangen, und die Auferstehung von den Toten,... sind den Engeln gleich und
Gottes Kinder, dieweil sie Kinder sind der Auferstehung.“ (Luk. 20, 35. 36.)
„Und werden hervorgehen, die da Gutes getan haben, zur Auferstehung des
Lebens.“ (Joh. 5, 29.) Die gerechten Toten werden nicht auferweckt werden bis
nach dem Gericht, in welchem sie würdig erfunden werden der „Auferstehung des
Lebens.“ Somit werden sie nicht persönlich im Gericht zugegen sein, wenn ihre
Lebensberichte untersucht und ihre Fälle entschieden werden.
Jesus wird als ihr Fürsprecher auftreten und vor Gott für sie Fürbitte tun. „Ob jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christum, der gerecht ist.“ (l. Joh. 2, 1.) „Denn Christus ist nicht eingegangen in das Heilige, so mit Händen gemacht ist (welches ist ein Gegenbild des wahrhaftigen), sondern in den Himmel selbst, nun zu erscheinen vor dem Angesicht Gottes für uns.“ „Daher kann er auch selig machen immerdar, die durch ihn zu Gott kommen, und lebt immerdar und bittet für sie.“ (Hebr. 9, 24; 7, 25.)
Wenn die Bücher aufgeschlagen werden, wird der Lebenslauf aller, die an
Jesum geglaubt haben, vor Gott untersucht. Unser Fürsprecher beginnt mit jenen,
welche zu erst auf Erden lebten, geht dann von Geschlecht zu Geschlecht weiter
und schließt mit den Lebenden. Ein jeglicher Name wird erwähnt, der Fall jedes
einzelnen genau untersucht. Namen werden angenommen, Namen verworfen. Finden sich bei einigen Sünden
in den Büchern verzeichnet, die nicht bereut und vergeben sind, so werden ihre
Namen aus dem Buch des Lebens getilgt und das Verzeichnis ihrer guten Taten
ausgelöscht aus dem Gedächtnisbuch Gottes. Der Herr erklärte Mose: „Was?
Ich will den aus meinem Buch tilgen, der an mir sündigt.“ (2. Mose 32, 33.)
Und der Prophet Hesekiel sagt: „Wo sich der Gerechte kehrt von seiner
Gerechtigkeit und tut Böses; ... sollte der leben? Ja, aller seiner
Gerechtigkeit, die er getan hat, soll nicht gedacht werden.“ (Hes. 18, 24.)
Gegenüber dem Namen all derer, die wahrhaft ihre Sünden bereut und durch
den Glauben das Blut Christi als ihr versöhnendes Opfer beansprucht haben, wird
Vergebung in den Himmelsbüchern eingeschrieben; da sie Teilhaber der
Gerechtigkeit Christi geworden sind und ihr Charakter in Übereinstimmung mit
dem Gesetz Gottes erfunden wird, werden ihre Sünden ausgetilgt und sie selbst
des ewigen Lebens würdig erfunden. Der Herr erklärt durch den Propheten Jesaja: „Ich, ich tilge deine Übertretung
um meinetwillen und gedenke deiner Sünden nicht.“ (Jes. 43, 25.) Jesus sagte:
„Wer überwindet, der soll mit weißen Kleidern angetan werden, und ich werde
seinen Namen nicht austilgen aus dem Buch des Lebens, und ich will seinen Namen
bekennen vor meinem Vater und seinen Engeln.“ „Wer mich bekennt vor den
Menschen, den will ich bekennen vor meinem himmlischen Vater. Wer mich
verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen
Vater.“ (Offb. 3, 5; Matth. 10, 32. 33.)
Die
regste Teilnahme der Menschen an den Entscheidungen irdischer Gerichtshöfe
stellt nur schwach die bekundete Spannung an dem himmlischen Gerichtshof dar,
wenn die in dem Buch des Lammes eingetragenen Namen zur Untersuchung vor dem
Richter der ganzen Welt gebracht werden. Der
göttliche Vermittler stellt die Bitte, daß alle, die durch den Glauben an sein
Blut überwunden haben, Vergebung ihrer Übertretungen erhalten, daß sie wieder
in das Paradies eingesetzt und gekrönt werden als Miterben mit ihm für die
„vorige Herrschaft“. (Micha 4, 8.) Satan hatte vermittels seiner Bemühungen,
die Menschen zu versuchen und zu täuschen, gehofft, den göttlichen Plan bei
der Erschaffung des Menschen zu vereiteln; Christus aber bittet nun, daß dieser
Plan ausgeführt werde, als ob der Mensch nie gefallen sei. Er beansprucht für
sein Volk nicht nur eine völlige Vergebung und Rechtfertigung, sondern auch
einen Anteil an seiner Herrlichkeit und einen Sitz auf seinem Thron.
Während
Jesus für diese Menschen Fürbitte einlegt, beschuldigt Satan sie vor Gott als
Übertreter. Der große Betrüger suchte sie in den Unglauben zu verstricken,
sie zu veranlassen, ihr Gottvertrauen fahren zu lassen, sich von seiner Liebe zu
trennen und sein Gesetz zu brechen. Nun verweist er auf den Bericht ihres
Lebens, auf die Unvollkommenheiten in ihrem Charakter, ihre Unähnlichkeit mit
Christo, womit sie ihrem Erlöser Schande bereitet haben, und auf alle Sünden,
die zu begehen er sie verleitet hat, und beansprucht sie, gestützt darauf, als
seine Untertanen.
Jesus
entschuldigt ihre Sünden nicht, verweist aber auf ihre Reue und ihren Glauben
und bittet für sie um Vergebung; er hält seine verwundeten Hände vor dem
Vater und den heiligen Engeln empor und ruft aus: „Ich kenne sie bei Namen,
ich habe sie in meine Hände gezeichnet. ’Die Opfer, die Gott gefallen, sind
ein geängsteter Geist; ein geängstet und zerschlagen Herz wirst du, Gott,
nicht verachten.’“ (Ps. 51, 19.) Und dem Ankläger seines Volkes erklärt
er: „Der Herr schelte dich, du Satan! ja der Herr schelte dich, der Jerusalem
erwählt hat. Ist dieser nicht ein Brand, der aus dem Feuer errettet ist?“
(Sach. 3, 2.) Christus wird seine Getreuen mit seiner eigenen Gerechtigkeit
kleiden, damit er sie seinem Vater darstellen kann, „eine Gemeinde, die
herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder Runzel oder des etwas.“ (Eph.
5, 27.) Ihre Namen sind eingetragen in das Lebensbuch, und von ihnen heißt es:
„Sie werden mit mir wandeln in weißen Kleidern, denn sie sind es wert.“
(Offb. 3, 4.)
So wird die vollkommene Erfüllung der Verheißung des neuen Bundes
verwirklicht werden: „Denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben, und ihrer Sünde
nicht mehr gedenken.“ „Zu derselben Zeit und in denselben Tagen wird man die
Missetat Israels suchen, spricht der Herr, aber es wird keine sein; und die Sünde
Judas, aber es wird keine gefunden werden.“
(Jer. 31, 34; 50, 20.) „In der Zeit wird des Herrn Zweig lieb und wert sein
und die Frucht der Erde herrlich und schön bei denen, die behalten werden in
Israel. Und wer da wird übrig sein zu Zion und übrigbleiben zu Jerusalem, der
wird heilig heißen; ein jeglicher, der geschrieben ist unter die Lebendigen zu
Jerusalem.“ (Jes. 4, 2. 3.)
Das Untersuchungsgericht und die Austilgung der Sünden wird vor der
Wiederkunft des Herrn beendet werden. Da die Toten gerichtet werden sollen nach
dem, was in den Büchern geschrieben steht, wird es unmöglich sein, daß die Sünden
der Menschen vor Ablauf des Gerichtes, worin ihre Fälle untersucht werden,
ausgetilgt werden können. Aber der Apostel Petrus sagt deutlich, daß die Sünden der Gläubigen
ausgetilgt werden sollen, „auf daß da komme die Zeit der Erquickung von dem
Angesicht des Herrn, wenn er senden wird den, der euch jetzt zuvor gepredigt
wird, Jesus Christus.“ (Apg. 3, 19. 20.) Wenn das Untersuchungsgericht schließt,
kommt Christus und bringt seinen Lohn mit sich, einem jeglichen zu geben, wie
seine Werke sein werden.
In
dem bildlichen Dienst trat der Hohepriester, nachdem er die Versöhnung für
Israel gemacht hatte, heraus und segnete die Gemeinde. So wird auch Christus
erscheinen nach Beendigung seines Mittleramtes „ohne Sünde... zur
Seligkeit,“ (Hebr. 9, 28) um seinem harrenden Volk das ewige Leben zu
verleihen. Gleichwie der Priester, indem er die Sünden aus dem Heiligtum
entfernte, sie auf das Haupt des Sündenbockes bekannte, so wird auch Christus
alle diese Sünden auf Satan, den Urheber und Anstifter der Sünde, legen. Der
lebendige Bock, der die Sünden Israels trug, wurde weggeführt „in die Wüste“
(3. Mose 16, 22); also wird Satan, indem er die Schuld aller Sünden trägt,
wozu er Gottes Volk veranlaßte, tausend Jahre lang auf die Erde, die dann wüste
und ohne Einwohner sein wird, beschränkt sein, und wird zuletzt die volle
Strafe für die Sünde in dem Feuer erleiden, welches alle Gottlosen vernichten
wird. Auf diese Weise wird der große Erlösungsplan
in der schließlichen Auswurzelung der Sünde und in der Befreiung aller, welche
willens waren, dem Bösen zu widerstehen, seine Vollendung erreichen.
Zu der für das Gericht vorhergesagten Zeit - am Ablauf der 2300 Tage im Jahre 1844 - fing das Werk der Untersuchung und der Austilgung der Sünden an. Alle, die jemals den Namen Christi angenommen haben, müssen eine genaue Untersuchung durchmachen. Lebende und Tote sollen gerichtet werden „nach der Schrift in den Büchern, nach ihren Werken.“
Sünden, die nicht bereut und unterlassen wurden, werden nicht vergeben und
nicht aus den Büchern ausgetilgt, sondern werden als Zeugen gegen den Sünder
am Tage Gottes dastehen.
Er mag seine bösen Taten beim Licht des Tages oder in der Finsternis der Nacht
begangen haben; sie waren „bloß und entdeckt“ vor dem, in dessen Händen
wir sind. Die Engel Gottes sahen jede Sünde und buchten sie in den untrüglichen
Büchern. Man mag die Sünde verhehlen, verleugnen, vor Vater, Mutter, Weib,
Kindern oder Gefreundeten verdecken; kein einziger außer den schuldigen Tätern
mag den allergeringsten Verdacht von dem Unrecht hegen; aber es wird offenbar
vor den himmlischen Wesen. Das Dunkel der dunkelsten Nacht, die Verborgenheit
der allertäuschendsten Künste genügt nicht, um nur einen Gedanken vor der Kenntnis des Ewigen zu verschleiern. Gott
hat von einem jeglichen ungerechten Bericht, von jeder unbilligen Handlung ein
genaues Verzeichnis. Er wird nicht durch den Schein eines gottseligen Wesens getäuscht.
Er macht keinen Fehler in der Beurteilung des Charakters. Die Menschen mögen
von denen, die verderbten Herzens sind, betrogen werden; aber Gott durchdringt
alle Verstellung und erkennt das innere Leben.
Wie ernst ist der Gedanke! Ein Tag nach dem andern sinkt hinab in die Ewigkeit und belastet die himmlischen Bücher mit seinen Berichten. Einmal gesprochene Worte, einmal begangene Taten können nie wieder zurückgerufen werden. Die Engel haben beides, das Gute und das Böse, eingetragen. Der gewaltigste Eroberer auf Erden ist nicht imstande, den Bericht auch nur eines einzigen Tages zurückzunehmen. Unsere Handlungen, unsere Worte, ja unsere geheimsten Beweggründe tragen alle zur Entscheidung unseres Schicksals bei, sei es zum Leben oder zum Tode. Wenngleich wir sie vergessen, so werden sie ihr Zeugnis zu unserer Rechtfertigung oder Verdammung ablegen.
Geradeso
genau wie die Gesichtszüge auf der glatten Glasscheibe des Photographen
entworfen werden, so getreu wird der Charakter in den Büchern droben
dargestellt. Doch wie wenig Sorge macht man sich um den Bericht, welcher unter
die Augen himmlischer Wesen kommen muß. Könnte
der Schleier, der die sichtbare Welt von der unsichtbaren trennt, zurückgeschlagen
werden und die Menschenkinder einem Engel zusehen, der jegliches Wort und
jegliche Handlung verzeichnet, die im Gericht offenbar werden müssen, wie viele
täglich ausgestoßenen Worte würden unausgesprochen, wie viele Taten ungetan
bleiben!
Im Gericht wird der Gebrauch einer jeden anvertrauten Gabe genau erwogen werden. Wie haben wir die uns vom Himmel geliehenen Güter verwendet? Wird der Herr bei seinem Erscheinen das Seine mit Zinsen wiedernehmen? Haben wir die uns anvertrauten Kräfte in Hand, Herz und Hirn zur Verherrlichung Gottes und der Welt zum Segen angelegt? Wie haben wir unsere Zeit, unsere Feder, unsere Stimme, unser Geld, unseren Einfluß verwertet? Was haben wir für Christum in der Person der Armen, der Heimgesuchten, der Witwen oder der Waisen getan? Gott hat uns zu Verwahrern seines heiligen Wortes gemacht; was haben wir mit dem Licht und der Wahrheit getan, die uns verliehen wurden, damit wir die Menschen zur Seligkeit unterweisen möchten? Einem bloßen Glaubensbekenntnis an Christum wird kein Wert beigemessen; nur die durch Werke betätigte Liebe wird als echt gerechnet. Es ist doch die Liebe allein, die in den Augen des Himmels eine Handlung wertvoll macht. Was aus Liebe geschieht, wie kleinlich es auch den Menschen scheinen mag, wird von Gott angenommen und belohnt.
Die
verborgene Selbstsucht der Menschen steht in den Büchern des Himmels offenbart.
Dort findet sich der Bericht unerfüllter Pflichten gegen die Mitmenschen, die
Vernachlässigung der Ansprüche des Heilandes. Dort werden sie sehen, wie oft
dem Satan die Christo gebührende Zeit, Gedanken und Kraft gegeben wurden.
Traurig ist der Bericht, den Engel gen Himmel tragen. Vernunftbegabte Wesen,
bekenntliche Nachfolger Christi sind gänzlich in Anspruch genommen von dem
Trachten nach weltlichen Besitztümern oder den Genüssen irdischer Vergnügungen.
Geld, Zeit und Kräfte werden dem Aufwand und der Selbstbefriedigung geopfert;
nur wenige Augenblicke werden dem Gebet, dem Forschen in der Schrift, der Demütigung
der Seele und dem Bekennen der Sünde geweiht.
Satan erfindet unzählige Pläne, um unsere Gedanken zu beschäftigen, damit sie sich nicht mit dem Werk befassen möchten, mit welchem wir am besten vertraut sein sollten. Der Erzbetrüger haßt die großen Wahrheiten, welche ein versöhnendes Opfer und einen allmächtigen Mittler erkennen lassen. Er weiß, daß für ihn alles davon abhängt, die Gedanken von Jesu und seiner Wahrheit abzulenken.
Seelen, die der Wohltaten der Vermittlung Christi teilhaftig werden möchten, sollten sich durch nichts von ihrer Pflicht, die Heiligung in der Furcht Gottes zu vervollkommnen, abhalten lassen. Anstatt kostbare Stunden dem Vergnügen, dem Aufwand oder der Gewinnsucht zu widmen, sollten sie einem ernsten andachtsvollen Studium des Wortes der Wahrheit gewidmet werden. Der Gegenstand des Heiligtums und des Untersuchungsgerichts sollte klar und deutlich von dem Volk Gottes verstanden werden. Alle bedürfen einer persönlichen Erkenntnis von der Stellung und dem Werk ihres großen Hohenpriesters; sonst wird es für sie unmöglich sein, den in dieser Zeit so wesentlichen Glauben zu üben oder den Posten einzunehmen, den sie nach Gottes Willen ausfüllen sollen. Jeder Mensch hat eine Seele zu retten oder zu verlieren. Jeder hat einen Fall im Gerichte Gottes anhängig. Jeder muß dem großen Richter unter die Augen treten. Wie wichtig ist es daher, daß ein jeglicher oft den feierlichen Vorgang erwäge, wenn das Gericht gehalten und die Bücher aufgetan werden; wenn ein jeder mit Daniel in seinem Erbteil stehen muß am Ende der Tage.
Alle, welche das Licht über diese Gegenstände erhalten haben, müssen Zeugnis ablegen von den großen Wahrheiten, die Gott ihnen anvertraut hat. Das himmlische Heiligtum ist gerade der Mittelpunkt des Werkes Christi für die Menschen. Es eröffnet vor unseren Blicken den Erlösungsplan bis auf den unmittelbaren Schluß der Zeit und offenbart den siegreichen Ausgang des Kampfes zwischen der Gerechtigkeit und der Sünde. Es ist von größter Wichtigkeit, daß wir alle diese Gegenstände aufs gründlichste untersuchen und imstande sind, jedermann, der uns fragt, einen Grund zu geben der Hoffnung, die in uns ist.
Die Vermittlung Christi für den Menschen im Heiligtum droben ist ebenso
wesentlich zum Heilsplan als sein Tod am Kreuze. Mit seinem Tod fing er das Werk
an, welches zu vollenden er nach seiner Auferstehung gen Himmel fuhr. Wir müssen
im Glauben eingehen in das Inwendige des Vorhangs, „dahin der Vorläufer für
uns eingegangen.“ (Hebr.
6, 20.) Dort spiegelt sich das vom Kreuz auf Golgatha ausstrahlende Licht wider.
Dort vermögen wir eine klarere Einsicht in die Geheimnisse der Erlösung zu
gewinnen. Die Seligkeit des Menschen ist mit unermeßlichen Kosten des Himmels
ausgeführt worden; das dargebrachte Opfer entspricht den ausgedehntesten
Anforderungen des gebrochenen Gesetzes Gottes. Jesus hat den Weg zum Thron des
Vaters gebahnt, durch ihn kann das ernste Verlangen aller, die gläubig zu ihm
kommen, vor Gott gebracht werden.
„Wer seine Missetat leugnet, dem wird es nicht gelingen; wer sie aber
bekennt und läßt, der wird Barmherzigkeit erlangen.“ (Spr. 28, 13.) Könnten
diejenigen, welche ihre Fehler verbergen und entschuldigen, sehen, wie Satan über
sie jubelt, wie er Christum und die heiligen Engel mit ihrem Wandel schmäht, so
würden sie sich beeilen, ihre Sünden zu bekennen und abzulegen. Durch Schwächen
des Charakters sucht Satan sich des ganzen Gemütes zu bemächtigen, und er weiß,
daß falls diese Fehler genährt werden, es ihm gelingen wird. Darum sucht er
beständig, die Nachfolger Christi mit seiner verderblichen Vorspiegelung zu täuschen,
daß es ihnen unmöglich sei, zu überwinden. Aber Jesus bittet für sie
vermittels seiner verwundeten Hände, seines zerschlagenen Leibes und sagt
allen, die ihm nachfolgen wollen: „Laß dir an meiner Gnade genügen.“ (2.
Kor. 12, 9.) „Nehmet
auf euch mein Joch und lernet von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen
demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft
und meine Last ist leicht.“ (Matth. 11, 29. 30.) Es erachte daher niemand
seine Fehler als unheilbar. Gott wird Glauben und Gnade verleihen, sie zu überwinden.
Wir leben in dem großen Versöhnungstag.
In dem vorbildlichen Dienst mußten alle, während der Hohepriester die Versöhnung
für Israel vollbrachte, sich durch Bereuung ihrer Sünden und Demütigung vor
dem Herrn kasteien, auf daß sie nicht von dem Volk ausgerottet würden. Auf
gleiche Weise sollten alle, die ihren Namen in dem Buch des Lebens erhalten
wollen, jetzt in den wenigen noch übrigen Tagen ihrer Gnadenzeit ihre Seelen
durch Reue über ihre Sünden und wahrhafte Buße vor dem Herrn demütigen. Es
muß eine tiefgehende, gewissenhafte Prüfung des Herzens vorgenommen werden.
Der leichtfertige, oberflächliche Geist, den so viele bekenntliche Christen
bekunden, muß abgelegt werden. Es steht allen, welche die böse Neigung, nach
Herrschaft zu streben, überwinden wollen, ein schwerer Kampf bevor. Das
Werk der Vorbereitung ist ein persönliches. Wir werden nicht gruppenweise erlöst.
Die Frömmigkeit und Reinheit des einen kann nicht die Ermangelung dieser
Eigenschaften in einem anderen ersetzen. Obgleich alle Völker vor Gott ins
Gericht kommen müssen, so wird er doch den Fall eines jeden einzelnen mit
solcher Gründlichkeit untersuchen, als ob es keine anderen Wesen auf Erden gäbe.
Jeder muß geprüft und ohne Flecken, ohne Runzel oder sonst etwas Derartiges
erfunden werden.
Höchst
feierlich sind die mit dem Schlußwerk der Versöhnung zusammenhängenden Vorgänge,
folgenschwer die damit verbundenen Tatsachen. Das Gericht geht jetzt im
himmlischen Heiligtum vor sich. Schon
viele Jahre ist dies Werk im Gange gewesen. Bald, niemand weiß wie bald - wird
es auf die Fälle der Lebenden übergehen. In der hehren Gegenwart Gottes wird
unser Leben untersucht werden. Mehr denn je ist es jetzt am Platz, daß jede
Seele die Ermahnung des Heilandes beherzige: „Sehet zu, wachet und betet; denn
ihr wisset nicht, wann es Zeit ist.“ (Mark. 13, 33.) „So du nicht wirst
wachen, werde ich über dich kommen wie ein Dieb, und wirst nicht wissen, welche
Stunde ich über dich kommen werde.“ (Offb. 3,3.)
Geht dann das Untersuchungsgericht zu Ende, so wird das Schicksal aller auf
Leben oder Tod festgestellt sein. Die Gnadenzeit läuft ab kurze Zeit vor der
Erscheinung des Herrn in den Wolken des Himmels. Christus
erklärt in der Offenbarung, indem er auf diese Zeit hinschaut: „Wer böse
ist, der sei fernerhin böse, und wer unrein ist, der sei fernerhin unrein, aber
wer fromm ist, der sei fernerhin fromm, und wer heilig ist, der sei fernerhin
heilig. Siehe, ich komme bald und mein Lohn mit mir, zu geben einem jeglichen,
wie seine Werke sein werden.“ (Offb. 22, 11. 12.)
Die Gerechten sowohl als die Gottlosen werden dann noch in ihrem sterblichen Zustand auf Erden leben - man wird pflanzen und bauen, essen und trinken, sich gänzlich unbewußt, daß die endliche, unwiderrufliche Entscheidung im himmlischen Heiligtum ausgesprochen worden ist. Vor der Sintflut machte Gott, nachdem Noah in die Arche gegangen war, hinter ihm zu und schloß die Gottlosen aus; und sieben Tage lang fuhren die Menschen in ihrer gleichgültigen, vergnügungssüchtigen Lebensweise fort und spotteten der Warnungen eines drohenden Gerichtes, ohne zu wissen, daß ihr Schicksal entschieden war. „Also,“ sagt der Heiland, „wird auch sein die Zukunft des Menschensohnes.“ (Matth. 24, 39.) Stillschweigend, unbeachtet, wie ein Dieb um Mitternacht, wird die entscheidungsvolle Stunde kommen, in welcher das Schicksal eines jeglichen Menschen bestimmt und die den sündigen Menschen angebotene Gnade auf immer entzogen wird.
„So wachet nun,... auf daß er nicht schnell komme und finde euch schlafend.“ (Mark. 13, 35. 36.) Gefahrvoll ist der Zustand derer, die des Wachens müde, sich den Verführungen der Welt zuwenden. Zur selben Zeit, da der Geschäftsmann sich ganz dem Jagen nach Gewinn hingibt, der Vergnügungssüchtige seine Befriedigung sucht und die Tochter der Mode ihren Schmuck anlegt, kann der Richter der ganzen Welt den Urteilsspruch aussprechen: „Man hat dich in einer Waage gewogen und zu leicht gefunden.“ (Dan. 5, 27.)