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Die Bibel ist ein Schatzhaus voller kostbarer Wahrheiten. Wir können nur
dankbar sein, daß wir sie studieren dürfen. In diesem Kapitel lernen Sie einen
Teil von Gottes Plan kennen.
Er will lang vergessene
Wahrheiten erneuern, um seinem Volk zu helfen, für das wunderbare, ewige Heim
bereit zu werden.
Das Werk der Sabbatreform, welches in den letzten Tagen vollbracht werden
soll, wird in der Weissagung Jesajas vorhergesagt: „So spricht der Herr:
Haltet das Recht und tut Gerechtigkeit; denn mein Heil ist nahe, daß es komme,
und meine Gerechtigkeit, daß sie offenbart werde. Wohl dem Menschen, der
solches tut, und dem Menschenkind, der es festhält, daß er den Sabbat halte
und nicht entheilige und halte seine Hand, daß er kein Arges tue!“
„Und die Fremden, die sich zum Herrn getan haben, daß sie ihm dienen und
seinen Namen lieben, auf daß sie seine Knechte seien, ein jeglicher, der den
Sabbat hält, daß er ihn nicht entweihe, und meinen Bund festhält, die will
ich zu meinem heiligen Berge bringen und will sie erfreuen in meinem
Bethause.“ (Jes. 56, 1. 2. 6. 7.)
Diese
Worte beziehen sich auf das christliche Zeitalter, wie durch den Zusammenhang
gezeigt wird: „Der Herr Herr, der die Verstoßenen aus Israel sammelt,
spricht: Ich will noch mehr zu dem Haufen, die versammelt sind, sammeln.“
(Jes. 56, 8.) Hier wird die Versammlung der Heiden durch das Evangelium
dargestellt. Und über die, welche dann den Sabbat ehren, ist ein Segen
ausgesprochen. Auf diese Weise erstreckt sich die Verbindlichkeit des vierten
Gebots weit über die Kreuzigung, die Auferstehung und die Himmelfahrt Christi
hinaus, bis auf die Zeit, da seine Knechte allen Völkern die frohe Kunde
predigen sollen.
Der Herr befiehlt durch denselben Propheten: „Binde zu das Zeugnis, versiegle das Gesetz meinen Jüngern.“ (Jes. 8, 16.) Das Siegel des Gesetzes Gottes wird im vierten Gebot gefunden. Dieses allein von allen zehn zeigt sowohl den Namen als auch den Titel des Gesetzgebers an. Es erklärt Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde und rechtfertigt auf diese Weise seinen Anspruch auf Verehrung und Anbetung vor allen anderen. Außer dieser Vorschrift ist nichts in den Zehn Geboten, das anzeigt, durch wessen Autorität das Gesetz gegeben wurde. Als die päpstliche Macht den Sabbat veränderte, wurde das Gesetz des Siegels beraubt. Die Nachfolger Jesu sind berufen, es wieder herzustellen, indem sie den Sabbat des vierten Gebots zu seiner rechtmäßigen Stellung als Gedächtnistag des Schöpfers und Zeichen seiner Autorität erheben.
„
Nach dem Gesetz und Zeugnis.“ Während widerstreitende Lehren und Theorien im
Überfluß vorhanden sind, ist das Gesetz Gottes die einzige untrügliche
Richtschnur, nach welcher alle Meinungen, Lehren und Theorien geprüft werden
sollen. So sagt der Prophet: „Werden sie das nicht sagen, so werden sie die
Morgenröte [d. h. das Licht der Wahrheit] nicht haben.“ (Jes. 8, 20.)
Wiederum
wird das Gebot gegeben: „Rufe getrost, schone nicht, erhebe deine Stimme wie
eine Posaune und verkündige meinem Volk ihr Übertreten und dem Hause Jakob
ihre Sünden.“ Es ist nicht die gottlose Welt, sondern es sind jene, die der
Herr als „mein Volk“ bezeichnet, die um ihrer Übertretungen willen
zurechtgewiesen werden sollen. Er sagt weiter: „Sie suchen mich täglich und
wollen meine Wege wissen wie ein Volk, das Gerechtigkeit schon getan und das
Recht ihres Gottes nicht verlassen hätte.“ (Jes. 58, 1. 2.) Hier werden uns
Menschen gezeigt, die sich gerecht dünken und großen Eifer für Gottes Sache
an den Tag zu legen scheinen; aber der ernste und feierliche Tadel dessen, der
die Herzen erforscht, beweist, daß sie die göttlichen Vorschriften mit Füßen
treten.
Der Prophet bezeichnet die unbeachtet gelassene Verordnung wie folgt: „Und soll durch dich gebaut werden, was lange wüst gelegen ist; und wirst Grund legen, der für und für bleibe; und sollst heißen: Der die Lücken verzäunt und die Wege bessert, daß man da wohnen möge. So du deinen Fuß von dem Sabbat kehrst, daß du nicht tust, was dir gefällt an meinem heiligen Tage, und den Sabbat eine Lust heißest und den Tag, der dem Herrn heilig ist, ehrest, so du ihn also ehrest, daß du nicht tust deine Wege, noch darin erfunden werde, was die gefällt, oder leeres Geschwätz: alsdann wirst du Lust haben am Herrn.“ (Jes. 58,12.13.) Diese Weissagung bezieht sich ebenfalls auf unsere Zeit. Die Lücke wurde in das Gesetz Gottes gemacht, als der Sabbat von der römischen Macht verändert wurde. Aber die Zeit ist gekommen, da jene göttliche Einrichtung wieder hergestellt werden soll. Die Lücke soll verzäunt und Grund gelegt werden, der für und für bleibe.
Diesen
durch des Schöpfers Ruhe und Segen geheiligten Sabbat feierte Adam in seiner
Unschuld im Garten Eden und auch, als er, gefallen aber reumütig, aus seiner glücklichen
Heimat vertrieben war. Alle Patriarchen von Abel bis auf den gerechten Noah,
Abraham und Jakob beobachteten ihn. Als das auserwählte Volk in der
Knechtschaft in Ägypten war, verloren viele unter der herrschenden Abgötterei
ihre Kenntnis des göttlichen Gesetzes; aber als der Herr Israel erlöste, verkündigte
er der versammelten Menge unter feierlicher Machtentfaltung sein Gesetz, damit
alle seinen Willen wissen, ihn fürchten und ihm auf ewig gehorchen möchten.
Von
jenem Tage bis auf den heutigen ist die Kenntnis des göttlichen Gesetzes auf
Erden bewahrt und der Sabbat des vierten Gebots beachtet worden. Und obgleich es
dem „Menschen der Sünde“ gelang, Gottes heiligen Tag mit Füßen zu treten,
so waren doch, selbst in der Zeit der päpstlichen Oberherrschaft an geheimen
Orten treue Seelen, die den Sabbat ehrten. Seit der Reformation hat es stets
Seelen gegeben, die ihn feierten. Wenngleich oft unter Schmach und Verfolgung
wurde doch ein ununterbrochenes Zeugnis abgelegt für die Fortdauer des Gesetzes
Gottes und der feierlichen Verpflichtung gegen den Sabbat der Schöpfung.
Diese Wahrheiten, wie sie Offenbarung 14 im Zusammenhang mit dem „ewigen Evangelium“ vorführt, werden die Gemeinde Christi zur Zeit seines Erscheinens kennzeichnen. Denn als die Folge der dreifachen Botschaft heißt es: „Hier sind, die da halten die Gebote Gottes und den Glauben an Jesum.“ Und diese Botschaft ist die letzte, welche vor der Wiederkunft des Herrn verkündigt werden soll. Unmittelbar nach ihrer Verkündigung sieht der Prophet des Menschen Sohn kommen in Herrlichkeit, um die Ernte der Erde einzuheimsen.
Alle, welche das Licht betreffs des Heiligtums und der Unveränderlichkeit des göttlichen Gesetzes annahmen, wurden mit Freude und Staunen erfüllt, als sie die Schönheit und die Übereinstimmung der Wahrheiten erkannten, welche sich ihrem Verständnis erschlossen. Sie wünschten, daß das Licht, welches ihnen so köstlich schien, allen Christen zuteil werde, und sie glaubten zuversichtlich, daß sie es mit Freuden annehmen würden. Aber Wahrheiten, die sie in Widerspruch mit der Welt brachten, waren vielen vorgeblichen Nachfolgern Christi nicht willkommen. Der Gehorsam gegen das vierte Gebot forderte ein Opfer, vor dem die große Menge zurückschreckte.
Als
die Ansprüche des Sabbats vorgebracht wurden, urteilten viele nach weltlichem
Ermessen und sagten: „Wir haben immer den Sonntag gehalten, unsere Väter
hielten ihn, und viele gute und fromme Leute sind selig gestorben, obgleich sie
Sonntag feierten. Die Feier dieses neuen Sabbats würde uns in Widerspruch mit
der Welt bringen, und wir würden keinen Einfluß auf sie ausüben. Was vermag
ein kleines Häuflein, welches den siebenten Tag hält, gegen die ganze Welt,
die den Sonntag feiert?“ Durch ähnliche Schlußfolgerungen versuchten die
Juden ihre Verwerfung Christi zu rechtfertigen. Ihre Väter waren von Gott
angenommen worden, da sie die Opfer darbrachten, und warum konnten nicht die
Kinder Heil finden, indem sie denselben Weg verfolgten? Auf gleiche Weise
beruhigten viele Menschen zur Zeit Luthers ihr Gewissen, daß treue Christen im
katholischen Glauben gestorben seien, und daß deshalb diese Religion zur
Seligkeit genüge. Dergleichen Behauptungen ließen sich als ein wirksames
Hindernis gegen jeglichen Fortschritt in Glaubenssachen und Gewohnheiten
aufstellen.
Viele
schoben vor, daß die Sonntagsfeier eine fest begründete Lehre und ein seit
vielen Jahrhunderten weitverbreiteter Brauch der Kirche gewesen sei. Es ließ
sich jedoch beweisen, daß der Sabbat und seine Feier weit älter, ja sogar
ebenso alt wie die Welt selber sei und die Bestätigung Gottes und der Engel
habe. Als der Erde Grund gelegt wurde, die Morgensterne miteinander sangen und
alle Kinder Gottes vor Freuden jauchzten, da wurde auch die Grundlage des
Sabbats gelegt. (Hiob 38, 6. 7; 1. Mose 2, 1-3.) Wohl
mag diese Einrichtung unsere Ehrfurcht erheischen: sie wurde von keiner
menschlichen Autorität eingesetzt und beruht nicht auf menschlichen Überlieferungen;
sie wurde von „dem alten Gott“ gegründet und durch sein ewiges Wort
geboten.
Als die Aufmerksamkeit des Volkes auf die Sabbatreform gelenkt wurde,
verdrehten beim Volke beliebte Prediger das Wort Gottes und legten sein Zeugnis
so aus, wie man am besten die fragenden Gemüter beruhigen konnte. Wer die
Heilige Schrift nicht für sich selbst forschte, gab sich mit Ansichten
zufrieden, die mit seinen Wünschen übereinstimmten.
Durch Behauptungen, Spitzfindigkeiten, Überlieferungen der Väter und die
Autorität der Kirche versuchten viele, die Wahrheit zu verwerfen. Ihre
Verteidiger wurden zu ihren Bibeln getrieben, um die Gültigkeit des vierten
Gebots zu beweisen. Demütige, allein mit dem Worte Gottes ausgerüstete Männer
widerstanden den Angriffen der Gelehrten, welche erstaunt und zornig erkannten,
daß ihre beredten Spitzfindigkeiten machtlos waren gegenüber der einfachen,
getreuen Darstellungsweise von Männern, die in der Schrift mehr als in der
Schulweisheit unterrichtet waren.
In
Ermangelung günstiger biblischer Belege machten viele, die vergaßen, daß
dieselben Einwände gegen Christum und seine Jünger vorgebracht worden waren,
mit unermüdlicher Beharrlichkeit geltend: „Warum verstehen unsere Großen
diese Sabbatfrage nicht? Nur wenige glauben ihr. Es kann nicht sein, daß ihr
recht habt, und alle Gelehrten der Welt unrecht haben.“
Um
solche Beweisgründe zu widerlegen, war es nur erforderlich, die Lehren der
Heiligen Schrift anzuführen und darauf zu verweisen, wie der Herr mit seinem
Volk in allen Zeitaltern verfahren hat. Gott
wirkt durch die, welche seine Stimme hören, ihr gehorchen, nötigenfalls
unangenehme Wahrheiten aussprechen und sich nicht fürchten, volkstümliche Sünden
zu rügen. Gott bedient sich nicht oft gelehrter und hochgestellter Männer zur
Leitung in Reformbewegungen, weil diese auf ihre Glaubensbekenntnisse, Theorien
und theologischen Lehrgebäude vertrauen und nicht das Bedürfnis fühlen, von
Gott gelehrt zu werden. Nur wer eine persönliche Verbindung mit der Quelle der
Weisheit hat, kann die Schrift verstehen oder auslegen. Manchmal werden Männer
von geringer Schulbildung berufen, die Wahrheit zu verkündigen, nicht etwa weil
sie ungelehrt sind, sondern weil sie nicht zu dünkelhaft sind, um sich von Gott
belehren zu lassen. Sie lernen in der Schule Christi, und ihre Demut und ihr
Gehorsam machen sie groß. Indem Gott ihnen die Kenntnis seiner Wahrheit
anvertraut, erweist er ihnen eine Ehre, der gegenüber irdische Ehre und
menschliche Größe in Nichts versinkt.
Die
Mehrzahl der Adventisten verwarf die Wahrheiten betreffs des Heiligtums und des
göttlichen Gesetzes, und viele ließen auch ihr Vertrauen in die Adventbewegung
fahren und nahmen irrige und sich widersprechende Ansichten über die
Weissagungen an, die sich auf dies Werk bezogen. Einige
verfielen in den Irrtum, wiederholt eine bestimmte Zeit für die Zukunft Christi
festzusetzen. Das Licht, welches nun über den Gegenstand des Heiligtums schien,
hätte ihnen zeigen können, daß keine prophetische Zeitperiode bis zur
Wiederkunft reicht, und daß die genaue Zeit dieses Ereignisses nicht angegeben
ist. Doch indem sie sich von dem Licht abwandten, fuhren sie fort, wieder und
wieder die Zeit festzusetzen, wann der Herr kommen sollte, und wurden ebenso oft
enttäuscht.
Als
die Gemeinde zu Thessalonich irrige Ansichten von Christi Wiederkunft annahm,
gab der Apostel Paulus ihr den Rat, ihre Hoffnungen und Erwartungen vorsichtig
nach dem Worte Gottes zu prüfen. Er verwies sie auf die Weissagungen, welche
die Ereignisse offenbarten, die vor der Wiederkunft Christi stattfinden sollten,
und zeigte, daß sie keinen Grund hatte, den Heiland in ihren Tagen zu erwarten.
„Lasset euch niemand verführen, in keinerlei Weise!“ (2. Thess. 2, 3)
lauteten seine warnenden Worte. Würde sie aber Erwartungen hegen, wozu die
Schrift nicht berechtigt, so würde sie zu verkehrten Handlungsweisen angeleitet
werden, Enttäuschung würde sie dem Spott der Ungläubigen aussetzen; sie würde
Gefahr laufen, entmutigt und versucht zu werden, die zu ihrem Seelenheil
wesentlichen Wahrheiten zu bezweifeln. Des Apostels Ermahnung an die
Thessalonicher enthält eine wichtige Lehre für die, welche in den letzten
Tagen leben. Viele Adventisten glauben, nicht eifrig und fleißig in dem Werk
der Vorbereitung sein zu können, wenn sie ihren Glauben nicht auf eine
bestimmte Zeit für die Wiederkunft des Herrn richten. Wenn aber ihre Hoffnung
immer wieder erregt wird, nur um vernichtet zu werden, dann erhält ihr Glaube
dadurch eine solche Erschütterung, daß es beinahe unmöglich ist, daß die großen
Wahrheiten der Weissagungen Eindruck machen.
Die
Verkündigung einer bestimmten Zeit für das Gericht durch die Verbreitung der
ersten Engelsbotschaft geschah auf Gottes Befehl. Die
Berechnung der prophetischen Perioden, welche die Grundlage jener Botschaft war
und den Ablauf der 2300 Tage in den Herbst des Jahres 1844 festsetzte, steht
unbestritten da. Wiederholte Versuche, neue Daten für den Anfang und das Ende
der prophetischen Zeitangaben zu finden, und unbegründete Behauptungen, die
notwendig werden, um den eingenommenen Standpunkt zu verteidigen, leiten die
Gedanken nicht nur von der gegenwärtigen Wahrheit ab, sondern häufen auch
Verachtung auf jeglichen Versuch, die Weissagungen zu erklären. Je häufiger
eine bestimmte Zeit für die Wiederkunft festgesetzt und je weiter sie
verbreitet wird, desto besser paßt es den Zwecken Satans. Ist dann die Zeit
verstrichen, so erregt er Spott und Hohn über ihre Vertreter und bringt dadurch
Schmach auf die große Adventbewegung von 1843 und 1844. Die in diesem Irrtum
beharren, werden schließlich eine zu weit in die Zukunft greifende Zeit für
die Wiederkunft Christi festsetzen. Sie werden in einer falschen Sicherheit
ruhen, und viele werden erst aufgeklärt werden, wenn es zu spät ist.
Die
Geschichte Israels vor alters ist eine treffliche Veranschaulichung der
vergangenen Erfahrung der Adventisten. Gott leitete sein Volk in der
Adventbewegung, gleichwie er die Kinder Israel bei ihrem Auszug aus Ägypten führte.
In der großen Enttäuschung wurde ihr Glaube geprüft wie jener der Hebräer am
Roten Meer. Hätten sie immer der leitenden Hand vertraut, die in ihrer
vergangenen Erfahrung mit ihnen gewesen war, so würden sie das Heil Gottes
gesehen haben. Wenn alle, die in der Bewegung des Jahres 1844 vereint
arbeiteten, die dritte Engelsbotschaft angenommen und sie in der Kraft des
Heiligen Geistes verkündigt hätten, so würde der Herr mächtig durch ihre Bemühungen
gewirkt haben. Eine Flut von Licht hätte sich über die Welt ergossen, die
Bewohner der Erde wären schon vor Jahren gewarnt, das Schlußwerk vollendet
worden und Christus wäre zur Erlösung seines Volkes gekommen.
Es lag nicht in dem Willen Gottes, daß Israel vierzig Jahre in der Wüste umherziehen sollte; er wollte sie direkt in das Land Kanaan führen und sie dort als ein heiliges und glückliches Volk pflanzen. Aber „wir sehen, daß sie nicht haben können hineinkommen um des Unglaubens willen.“ (Hebr. 3, 19.) Infolge ihres beständigen Abfalls kamen sie in der Wüste um, und andere wurden erweckt, um in das gelobte Land einzuziehen. Gleicherweise war es nicht der Wille Gottes, daß die Wiederkunft Christi solange verzogen werden und sein Volk so viele Jahre in dieser Sünden Und Sorgen beladenen Welt verweilen sollte. Aber der Unglaube trennte die Menschen von Gott. Als sie sich weigerten, das Werk zu verrichten, das er ihnen angewiesen hatte, wurden andere berufen, die Botschaft zu verkündigen. Aus Barmherzigkeit gegen die Welt verzieht Christus sein Kommen, auf daß den Sündern Gelegenheit geboten werde, die Warnung zu vernehmen und in ihm Zuflucht zu finden vor dem Zorn Gottes, der ausgegossen werden soll.
Heute
wie ehemals erregt die Verkündigung einer Wahrheit, welche die Sünden und Irrtümer
der Zeit rügt, Widerstand. „Wer Arges tut, der hasset das Licht und kommt
nicht an das Licht, auf daß seine Werke nicht gestraft werden.“ (Joh. 3, 20.)
Wenn Menschen sehen, daß sie ihre Stellung nicht durch die Heilige Schrift begründen
können, entschließen sich viele, ihren Standpunkt auf alle Fälle zu
verteidigen und greifen mit boshaftem Geist den Charakter und die Beweggründe
derer an, die zur Verteidigung unvolkstümlicher Wahrheiten auftreten. Dieselbe
Verfahrensweise ist in allen Zeiten verfolgt worden. Elia wurde angeschuldigt,
daß er Israel verwirre; Jeremia, daß er es verrate; Paulus, daß er den Tempel
schände. Von jener Zeit bis auf den heutigen Tag sind die, welche der Wahrheit
treu bleiben wollten, als Empörer, Ketzer und Abtrünnige hingestellt worden.
Die vielen, welche zu ungläubig sind, das feste prophetische Wort anzunehmen,
werden mit einer Leichtgläubigkeit, die keinen Zweifel zuläßt, den Anklagen
gegen die, welche es wagen, volkstümliche Sünden zu rügen, Glauben schenken.
Dieser Geist wird beständig zunehmen. Und die Bibel lehrt deutlich, daß sich
eine Zeit naht, in der die Gesetze des Staates dermaßen mit den Gesetzen Gottes
in Widerspruch treten werden, daß jeder, der alle göttlichen Vorschriften
halten will, Schmach und Strafe wie ein Übeltäter erleiden muß.
Was
ist in Anbetracht von alledem die Pflicht des Boten der Wahrheit? Soll er
annehmen, daß die Wahrheit nicht vorgetragen werden darf, da ihre einzige
Wirkung oft nur die ist, die Leute aufzustacheln, ihren Ansprüchen auszuweichen
oder ihnen zu widerstehen? Nein; er hat nicht mehr Grund, das Zeugnis des Wortes
Gottes vorzuenthalten, weil es Widerstand erweckt, als die früheren
Reformatoren hatten. Das Bekenntnis des Glaubens, welches Heilige und Märtyrer
ablegten, wurde zum Nutzen der nachfolgenden Geschlechter berichtet. Diese
lebendigen Beispiele der Heiligkeit und unwandelbaren Aufrichtigkeit sind uns
aufbewahrt worden, um alle, welche jetzt berufen sind, als Zeugen für den Herrn
aufzutreten, mit Mut zu beseelen. Sie empfingen nicht nur Gnade und Wahrheit um
ihretwillen, sondern damit durch sie die Erde von der Erkenntnis Gottes
erleuchtet werde. Hat Gott seinen Knechten in diesem Geschlecht Licht gegeben?
Dann sollten sie es vor der Welt leuchten lassen.
Vor
alters erklärte der Herr einem, der in seinem Namen redete: „Aber. das Haus
Israel will dich nicht hören, denn sie wollen mich selbst nicht hören.“
Nichtsdestoweniger sagte er: „Du sollst ihnen meine Worte sagen, sie gehorchen
oder lassen’s.“ (Hes. 3, 7; 2, 7.) An den Diener Gottes in der jetzigen Zeit
ergeht das Gebot: „Rufe getrost, schone nicht, erhebe deine Stimme wie eine
Posaune und verkündige meinem Volk ihr Übertreten und dem Hause Jakob ihre Sünden.“
(Jes. 58, 1.)
So
weit die Gelegenheiten reichen, steht ein jeglicher, dem das Licht der Wahrheit
geworden ist, unter der nämlichen feierlichen und furchtbaren Verantwortung wie
der Prophet Israels, dem das Wort des Herrn geschah: „Du Menschenkind, ich
habe dich zu einem Wächter gesetzt über das Haus Israel, wenn du etwas aus
meinem Munde hörst, daß du sie von meinetwegen warnen sollst. Wenn ich nun zu
dem Gottlosen sage: Du Gottloser mußt des Todes sterben! und du sagst ihm
solches nicht, daß sich der Gottlose warnen lasse vor seinem Wesen, so wird
wohl der Gottlose um seines gottlosen Wesens willen sterben; aber sein Blut will
ich von deiner Hand fordern. Warnst du aber den Gottlosen vor seinem Wesen, daß
er sich davon bekehre, und er will sich nicht von seinem Wesen bekehren, so wird
er um seiner Sünde willen sterben, und du hast deine Seele errettet.“ (Hes.
33, 7–9.)
Was die Annahme und die Verbreitung der Wahrheit am meisten hindert, ist die
Tatsache, daß sie mit Unannehmlichkeit und Schmach verbunden ist. Dies ist der
einzige Beweis gegen die Wahrheit, den ihre Verteidiger nie zu widerlegen
vermochten. Das vermag aber die wahren Nachfolger Christi nicht abzuhalten. Sie
warten nicht darauf, daß die Wahrheit volkstümlich werde.
Überzeugt von ihrer Pflicht nehmen sie mit Vorbedacht das Kreuz auf und
erachten mit dem Apostel Paulus, daß „unsere Trübsal, die zeitlich und
leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen wichtige Herrlichkeit“
(2. Kor. 4, 17), und halten, gleich jenen vor alters, „die Schmach Christi für
größeren Reichtum denn die Schätze Ägyptens.“ (Hebr. 11, 26.)
Was auch das Bekenntnis sein mag, es werden nur solche, die im Herzen Weltdiener sind, in religiösen Dingen mehr aus Weltklugheit als nach richtigen Grundsätzen handeln. Wir müssen das Rechte wählen, weil es das Rechte ist, und die Folgen Gott anheimstellen. Männern von Grundsatz, Glauben und Mut schuldet die Welt ihre großen Reformen. Von solchen Männern muß das Reformationswerk für diese Zeit weitergeführt werden.
So
spricht der Herr: „Höret mir zu, die ihr die Gerechtigkeit kennt, du Volk, in
dessen Herzen mein Gesetz ist! Fürchtet euch nicht, wenn euch die Leute schmähen;
und wenn sie euch lästern, verzagt nicht! Denn die Motten werden sie fressen
wie ein Kleid, und Würmer werden sie fressen wie wollenes Tuch; aber meine
Gerechtigkeit bleibt ewiglich und mein Heil für und für.“ (Jes. 51, 7. 8.)